Schmalspurbahnen besitzen sowohl in der Realität als auch im Modellbau einen besonderen Reiz. Insbesondere in Sachsen gab es sehr viele Schmalspurstrecken, darunter eine, die immer wieder fasziniert, nämlich die Preßnitztalbahn, die einst zwischen Wolkenstein und Jöhstadt verkehrte. Steffen Spittler, der Erbauer dieser Modellbahnanlage, fuhr Mitte der 1970‘er Jahre als Jugendlicher zum ersten Mal von Jöhstadt nach Wolkenstein. Sofort war er begeistert von der Landschaft und vor allem von der besonderen Lokomotive, nämlich von der „Sächsischen IV K“ der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen.
Am liebsten hätte er sofort alles im Modell nachgebaut, aber in der DDR gab es damals kaum Schmalspurfahrzeuge zu kaufen und an vierachsige Schmalspur-Dampflokomotiven der Bauart Meyer war schon gar nicht zu denken. Deshalb existierte das Projekt über viele Jahrzehnte hinweg nur in seinem Kopf. Doch im Jahre 2012 begann er schließlich mit dem Bau der Modellanlage. Allerdings galt es zuvor, die Frage zu beantworten, was genau und in welcher Größe nachgebaut werden sollte. Bereits vor Baubeginn stand fest, dass die Modellbahnanlage in Nenngröße H0e im Maßstab 1/87 mit einer Spurweite von 9 mm gebaut werden sollte. Alles sollte vorbildgerecht der Epoche IIIb, kurz vor der Umstellung auf EDV-Nummern, entsprechen. Darüber hinaus sollte die Anlage auf Ausstellungen gezeigt werden können, so dass sie transportabel in Segmentbauweise konstruiert sein mußte. Zusätzlich soll eine Hintergrundkulisse mit eigener Beleuchtung installiert sein, um eine bessere Tiefenwirkung zu erzielen.
Schlußendlich blieb noch die Frage offen, welcher Teil der Preßnitztalbahn nachgebaut werden sollte. Steffen Spittler entschied sich zunächst für den unteren Teil der ehemaligen Schmalspurbahn und begann mit dem Bau des Bahnhofes von Großrückerswalde. Nach 18 Monaten Bauzeit war der Bahnhof fertig. Neben dem vorbildgerechten Bahnhof baute er im verdeckten Teil der Segmentanlage noch einen Schattenbahnhof mit Abstell- und Überholgleisen, um einen abwechslungsreichen Fahrbetrieb bei Ausstellungen zu ermöglichen.
Im Oktober 2014 wurde die Anlage, die eine Fläche von 3,6 Metern x 1,2 Metern einnahm, erstmals auf einer Modellbahnausstellung in Jena präsentiert. Die Resonanz der Zuschauer war so positiv, dass Steffen Spittler über eine Erweiterung nachdachte: Es sollte ein zweiter Bahnhof hinzukommen und er entschied sich für den kleinen Bahnhof von Streckewalde. Für die Fertigstellung der erweiterten Segmentanlage gab es denn auch ein klares Ziel, nämlich die Modellbahnausstellung anläßlich des 125-jährigen Streckenjubiläums der Preßnitztalbal an Pfingsten 2017.
Mit der Erweiterung wurde die gesamte Anlage nun auch mit einer digitalen Modellbahn-Steuerung ausgerüstet, so dass Modellzüge mit dem Programm „TrainController“ automatisch nach Fahrplan betrieben werden konnten. Die Digitalsteuerung bietet schließlich zwei gravierende Vorteile: Zum einen das wesentlich bessere Anfahr- und Bremsverhalten der Lokomotiven, das anstatt über einen Handregler nun automatisiert über die Software gesteuert wird, und zum anderen die grundsätzliche Möglichkeit, einen halb- oder vollautomatischen Fahrbetrieb für Ausstellungen einzurichten.
Leider konnte Pennula während der Modellbahnausstellung „Modell im Hotel“ in Kühlungsborn die Modellbahnanlage von Steffen Spittler nicht im Detail filmen, weil das Gedränge der Besucher doch enorm war. Der kurze Videofilm wird der Schönheit und Authentizität der Anlage nicht annähernd gerecht, so dass nachstehend Präsentationsfolien angezeigt werden, die einen tieferen Einblick auf die großartige Gestaltung der Modellanlage ermöglichen sollen.
Die Folien wurden mit freundlicher Genehmigung von Steffen Spittler zur Verfügung gestellt.
Für den Rohbau der 1,2 x 0,6 Meter großen Segmente wurde 18 mm Multiplex verwendet, Rahmenhöhe 100 mm. Eine Querversteifung nach jeweils 40 cm bringt die nötige Stabilität. Die Verbindung der Einzelteile erfolgt durch Paßstifte und jeweils zwei M-8-Schrauben. Jedes Segment hat vier Steckplätze für Alu-Beine mit stufenloser Höhenverstellung. Im verdeckten Teil der Anlage sind die Segmente zwar auch 1,2 Meter lang, aber nur 0,3 bzw. 0,2 Meter tief.
Wenn man das Ziel hat, alles im Modell sehr vorbildnah umzusetzen, dann müssen auch die Gebäude selbst gebaut werden. Anfangs, beim Bahnhof Großrückerswalde entstanden das Empfangsgebäude und ein Wohnhaus direkt am Bahnhof noch in herkömmlicher Bauweise. Fassade aus 2 mm dünnem Sperrholz, Fenster aus Bausätzen, zum Teil umgebaut. Später entdeckte Steffen Spittler den 3D-Druck: Er „druckte“ anfangs nur Fensterrahmen, Türen und Treppen, später dann komplette Gebäude. Er konstruierte ganze Gebäudebausätze mit Fachwerknachbildungen, Schieferdächern, Zäunen, Gehwegplatten und vielen anderen Details. Schneller geht es mit dem 3D-Druck zwar auch nicht, aber dafür wird es sehr viel exakter und vorbildgerechter. Zum Schluß folgt freilich noch die Alterung, was in Fachkreisen als Patinieren oder als „Weathering“ bezeichnet wird.
Die Kulisse wurde komplett selbst gestaltet. Sie besteht aus mehreren Ebenen, die digital zusammengeführt wurden. Originalgebäude wurden von Fotos übernommen und ebenso eingefügt, wie die verwendeten und abfotografierten Modellbäume. Die Berge und der Himmel im Hintergrund entstanden in digitaler Handmalerei am Computer mit dem Programm Photoshop. Der mehr als zehn Meter lange Hintergrund wurde auf einem Plotter ausgedruckt und auf dünne Möbelspanplatten aufgeklebt. Dabei war hohe Präzision erforderlich, damit die Übergänge möglichst unsichtbar bleiben.
Der Unterbau für den grünen Teil der Landschaft besteht überwiegend aus einem Skelett aus Kartonstreifen, die mit Zeitungspapier überklebt sind. Danach wurde das Ganze mit einer speziellen „Erdmasse“ in unterschiedlichen Farbtönen überstrichen und erst dann kam der in Modellbau-Fachkreisen gut bekannte „Grasmaster“ zu Einsatz. Damit das Gewicht der Anlage nicht zu groß wird, sind auch die Felsen in Leichtbauweise hergestellt, lediglich die dünne sichtbare Oberschicht ist mit einer stabilen gefärbten Masse überzogen. Die Farbschattierungen erfolgten nachträglich mit dem Pinsel. Das Vorbild, die Preßnitztalbahn, hat ihren Namen vom Fluß bekommen; dieser ist natürlich auch auf der Modellanlage zu sehen. Bootslack erzeugt die wellige und glänzende Oberfläche - ein einfaches, aber wirkungsvolles Verfahren.
Die Steuerung der Anlage erfolgt, wie bereits oben erwähnt, digital. Der Fahrbetrieb kann je nach Erfordernis automatisch, halbautomatisch oder per Hand mit dem Smartphone erfolgen. Die Steuersignale werden vom Router der schwarzen Z21 per WLAN empfangen. Zur Rückmeldung der Zugpositionen sind Rückmeldemodule von Roco und Gleisbesetztmelder der Firma Littfinski eingebaut. Die Weichen werden über Servo-Decoder (ESU und RC Modellbau) und Kühn-Weichendecoder mit Motoradaptern angesteuert. Alle Lokomotiven haben Micro-Decoder von ESU.
Auf einer Ausstellungsanlage muß sich etwas bewegen, auch wenn es sich um eine Schmalspurbahn handelt. Deshalb fahren manchmal bis zu acht Züge gleichzeitig, auch wenn man nur drei davon sieht. Der meiste Zugbetrieb findet hinter den Kulissen statt, um immer genügend Züge für die Fahrt zu den beiden Bahnhöfen bereitzustellen. Damit ist es auch möglich, dem Betrachter einige Abwechslung bei den Zuggarnituren zu bieten.
Die Anlage von Steffen Spittler war mittlerweile bereits auf sehr vielen Modellbahn-Ausstellungen vorgeführt worden. Je nach Anforderung kann die Anlage in zwei Varianten aufgebaut werden: Entweder nur mit dem Bahnhof Großrückerswalde (3,6 x 1,2 Meter) oder als große Schauanlage mit beiden Bahnhöfen von Streckewalde und Großrückerswalde (9,6 x 1,2 Meter).
Segmentrahmen: 18 mm Mutiplex, 100 mm hoch
Gleisunterbau: 10 mm Sperrholz
Gleise: Technomodell, Tillig, Roco
Weichen: Glöckner, Tillig, Technomodell, Roco
Weichenantriebe: Servo-Antriebe (Eigenentwicklung), Motorantriebe von Hoffmann
Lokomotiven: Bemo (alle IV K), Präzisionsmodellbau Heinrich (V 10c)
Wagen: pmt, Technomodell, Roco (Rollwagen) und SEM
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