Bei der Modellbahnausstellung „Faszination Modellbahn“ in Mannheim präsentierten Jonas Sommer und Felix Nitschke im März 2024 ein wohl einzigartiges Modell der Romney, Hythe and Dymchurch Railway (RH&DR). Jene Eisenbahn, die u.a. in der Fernsehsendung „Eisenbahn-Romantik“ vorgestellt wurde, ist eine knapp 22 km lange Liliputbahn bzw. Parkbahn in Südengland. Die Eisenbahnstrecke in einer Spurweite von 381 mm (15 Zoll) führt von Hythe über Dymchurch und New Romney nach Dungeness.
Die RH&DR will nicht als Parkeisenbahn und schon gar nicht als Museumsbahn verstanden werden, denn sie dient fast ganzjährig dem öffentlichen Verkehr. Mit elf Dampfloks und weit über 60 Personenwagen wird auf kleiner Spur Regelbetrieb nach Fahrplan gefahren. Da die kleine Bahn den großen Bahnen in nichts nachsteht, bezeichnet sie sich selbst als „Kent’s Mainline in Miniature“.
Jonas Sommer, der die Modellbahnanlage konstruiert hat, arbeitete im Jahre 2013/2014 selbst bei der RH&DR in England und absolvierte dort die Ausbildung zum Fahrdienstleiter. Seine ganzen Erfahrungen und Erinnerungen sowie sicherlich auch die Begeisterung für die außergewöhnliche Eisenbahn führten dazu, dass er in vier Jahren Bauzeit acht Lokomotiven und über 50 Waggons der RH&DR nachgebaut hat. Die Modellbahnanlage spiegelt einen originalen Streckenabschnitt dar und zwar einen Teil der Strecke, der auf zwölf Kilometern Länge zweigleisig ausgebaut ist.
Die sogenannte „Romney Marsh“ ist eine dünnbesiedelte Marschlandschaft in den Grafschaften Kent und East Sussex im Südosten Englands. Sie ist geprägt von salziger Luft, flachem Land, grünen Wiesen, Schafweiden und Entwässerungskanälen. Bedingt durch die flache Landschaft gibt es nur wenige Bahnbauten oder Steigungen entlang der Eisenbahnstrecke, die seit dem Jahre 1927 existiert. So gesehen ist das nicht wirklich das interessanteste Vorbild für den Modellanlagenbau.
Der Reiz, dennoch die originale RH&DR im Modell zu verewigen, ging aber vom eigentümlichen rollenden Material aus. Ein Modellzug mit zehn Wagen hat eine stolze Länge von knapp zwei Metern bei 9 mm Spurweite, weshalb die Anlage eine Länge von knapp vier Metern einnimmt, damit vorbeifahrende Züge voll zur Geltung kommen. Auf dem zweigleisigen Abschnitt gibt es eine Stelle, an der ein Bahnübergang, eine Brücke über einen Entwässerungskanal und ein landwirtschaftlicher Übergang kurz nacheinander folgen. Exakt jene Szenerie ist auf der Modellanlage maßstabsgetreu nachgebildet worden.
Grundlage bilden acht Modulkästen aus 8 mm starkem Birkensperrholz, die jeweils eine Fläche von 50 x 50 cm bieten. Die Landschaft ist auf eine Modultiefe von 45 cm begrenzt, dahinter befindet sich ein Schattenbahnhof. Während im Bereich des Schattenbahnhofes Gleise in Spur N bzw. in Spur H0e zum Einsatz kommen, hat Jonas Sommer die Gleise auf dem sichtbaren Anlagenteil selbst gebaut. Um eine 15 Zoll Bahn im Maßstab 1/42 darzustellen, paßten rein optisch wegen der viel zu kleinen Schwellen weder Spur N Gleise noch Spur H0e Gleise. Folglich nutze Jonas Sommer das Schienenprofil Code 83 von Tillig und stellte die notwendigen Schwellen selbst aus 5 x 4 mm großen Holzleisten her. Insgesamt sind auf dem sichtbaren Teil der Modellbahnanlage rund 570 Holzschwellen verlegt worden.
Der Bahnübergang „Boltolph’s Bridge Crossing“, der problemlos über Google Street View angeschaut werden kann, besteht nicht nur aus der Schrankenanlage selbst, sondern auch noch aus drei großen Schaltschränken. Diese Schränke wurden via CAD konstruiert und mit einem 3D-Drucker hergestellt. Die sogenannten „Wigwags“, ein englischer Spitzname für Bahnübergangssignale, entstanden ebenfalls im 3D-Druck. Auch die Schilder an den Pfosten wurden anhand von Bildern originalgetreu angefertigt.
Bildquelle: Google Maps
Nach dem Bahnübergang folgt eine Brücke über einen der zahlreichen Entwässerungskanäle. Auch die Brücke über den „New Cut Sewer“ mußte vollständig im Eigenbau angefertigt werden, da es im Handel keine passenden Bausätze gab. Besonders hervorzuheben ist das Modellwasser: Hier entschied sich Jonas Sommer für das „Murky Water“ vom Hersteller Woodland Scenics. Es hat eine leicht bräunliche Trübung und entspricht recht gut dem Farbton des Wassers in den meist schlammigen Entwässerungskanälen.
Auf dem letzten Modul, direkt nach der Brücke, ist noch ein landwirtschaftlicher Bahnübergang installiert, der auch in der Realität an der gleichen Stelle existiert und von Bauern genutzt wird, um zu ihren Feldern zu gelangen. Er besteht je Gleisseite aus zwei großen Toren mit Warnschildern. Die Modelltore hat Jonas Sommer aus Messingdraht gelötet und anschließend mit Airbrush lackiert. Die kleinen Warnschilder mit Halterungen entstammen wiederrum dem 3D-Drucker.
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